Chad Smith (Red Hot Chili Peppers): Ein Siebener im Lotto
Als Chad Smith bei den Red Hot Chili Peppers als Schlagzeuger anheuerte, war die Band kaum mehr als kultig und krass. Outsider, geliebt von Insidern. Chad, 1,91 Meter groß, Arme bis zu den Knien, war ein Rüpel.

Bei einer seiner ersten Begegnungen mit der Musikpresse attackierte Chad Smith den Verfasser dieser Zeilen. Klare Sache: Der Mann war nicht ohne. Wie auch? Die Red Hot Chili Peppers hatten gerade ihren dritten Drummer verschlissen (D.H. Peligro von den Dead Kennedys). Gefeuert wegen Drogenkonsum, heikles Thema. Für Chad war Mother’s Milk das zweite Album. Als The Red Hot Chili Peppers erschien, war er gerade ein Teenager geworden. Seine Zukunft war bei seinem Einstieg 1988 so ungewiss wie die der Peppers. Wie jedes Kind heute weiß, laufen die Red Hot Chili Peppers inzwischen im Radio und beglücken Millionen. Wie und dass Chad Smith während dieses im Grunde unglaublichen Aufstiegs kontinuierlich der Schlagzeuger der Peppers blieb, ist ... der Hammer.
Chad Smith im Mustang
Zunächst eine Art Psychogramm. Auf den ersten Blick und nach kurzem Zuhören passte Chadwick Gaylord Smith zu den chaotischen Krawallmachern perfekt. Dass er immer noch dabei ist – und am Leben – liegt daran, dass er anders als andere Red Hot Chili Peppers immer verlässlich und bodenständig geblieben ist. Nicht aus Tinseltown Los Angeles, sondern aufgewachsen in Detroit, Michigan. Der Vater war bei Ford, Chad fährt Ford, seit Jahren, einen Mustang. Oldschool. Treu.
Mit 54 hat er inzwischen mehr als sein halbes Leben mit den Red Hot Chili Peppers verbracht. So langsam, sagt er, fühlt er sich nicht mehr wie der Ron Wood der Band. Als ich ihn 1989 das erste Mal traf, kam der Schlagzeuger rüber wie der Dude in „The Big Lebowski“, zumindest in Bezug auf Kleidung nicht immer stilsicher, und nun konnte er den Rockstar-Traum leben. Noch vor dem Interview warnte die Dame der Plattenfirma, ihn nicht zu sehr zu triezen, schon vorhin sei die ganze Bagage fast aus dem Hotel geflogen, weil sich Chad Smith aufgeführt hatte wie ein Affe. Andererseits: Auf der Job-Beschreibung war ja genau das gefragt: Unerhörtes tun!
Rot, sonnig scharf: Red Hot Chili Peppers
Wie selbstverständlich kombinierten Red Hot Chili Peppers schwarzen Funk mit der Hektik des Punk, obendrauf Rap-Intermezzos, bratende Heavy-Metal-Riffs, auf Mother’s Milk ein paar Takte Guns N’ Roses, außerdem Coverversionen von Hendrix und Stevie Wonder. Ziemlich heiß, siedend rot, sonnig und scharf wie Chili. Ironisch und gewitzt, wie die Partys, von denen man meistens nur hört.
Dass man nie weiß, was einen erwartet, ist das bis heute Einzige, worauf man sich bei den Red Hot Chili Peppers verlassen kann. Auf dem neuen Album The Getaway spielt Elton John mit. Produziert hat Danger Mouse, der seit seinem Mash-up des White Album der Beatles mit The Black Album von Jay-Z so unterschiedliche Acts wie Gorillaz, Beck und The Black Keys betreut hat.
Die Zeit vor den Peppers: „What Is This"
Was wie eine Karambolage der durcheinander geschmissenen Schubladen klingt, zieht sich wie ein roter Faden durch Besetzungen und Werk der Red Hot Chili Peppers – und zwar seit dem ersten Auftritt von Flea und Anthony Kiedis auf einer Party. Den Einfall hatten sie einen Abend vorher, und dann tobten sie mit Tennisschlägern statt Instrumenten übers Mobiliar.
Zum ersten richtigen Auftritt nahmen sie Instrumente mit – jedenfalls die, die sie hatten: Michael „Flea“ Balzary seinen Bass, Hillel Slovak die Gitarre und Jack Irons sein Schlagzeug. Die drei spielten seit längerem in der Band What Is This. Flea blieb bis heute, die anderen zwei gingen und kamen zurück und gingen unzählbar häufig. „What is this?!?“, fragten sich die kaum mehr als zwei Dutzend Zuschauer schon beim ersten Gig. Auf Vinyl debütierte die Band noch im selben Jahr – 1983 – auf Nina Hagens Album Angstlos im Song „Was Es Ist“.

Die Anfänge der Red Hot Chili Peppers
Mehr AD/HD als AC/DC. Sehr nervös, sehr zappelig. So auch jede folgende Platte, von George Clinton produzierte Dada-Stücke, Socken, eine große lange Party, ständiges Rein-raus von Slovak und Irons. Zusätzlich zum hyperaktiven Aufmerksamkeitsdefizit und dem red hot-Cocktail auf der Achterbahn zwischen Melrose Avenue und Hollywood Boulevard kamen neben den Plattensammlungen der Eltern (Hippies, gleichgültig oder liberal) verwahrlost genialistische Einflüsse zum Vorschein. Unerhört, ein Stilmix wie eine Massenkarambolage. Und 1989 dann also die Wende.
Chad Smiths Schlagzeug-Equipment
Drums | DW Collectors Serie 24” x 16” Bassdrum 12” x 8” Racktom 14” x 14”, 16” x 16” Floortoms 6” x 12”, 6” x 15”, 6” x 18”, 6” x 21” Rata Toms 14” x 6,5” Chrome over Steel Collectors Snare 12” x 7” Acryl-Snare |
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Becken | Sabian, Brilliant Finish 10” AAX Splash 15” AAX Xcelerator HiHats 19” AA Rock Crash 20” AA Rock Crash 21” AA Rock Ride 21” AAX Holy China |
Hardware |
DW |
Percussion | Remo Rototom 29” Adams Professional Pauke LP Chad Smith Cowbell LP Medium Jam Block |
Stöcke | Vater „Chad Smith’s Funk Blaster“ |
Schlagzeug spielen oder Autos klauen
Der neue Gitarrist hatte seine Band Thelonius Monster verlassen, mit dem neuen Drummer sorgte auch er dafür, dass das krasse Crossover, so abgefahren kam, dass es nie im Radio gespielt werden würde. Für Chad Smith war es zu diesem Zeitpunkt alles andere als klar, ob er mithalten könnte oder doch bei McDonald’s anheuern oder Autos klauen würde.
Chad Smiths Neugeburt
Nun ernüchtert und clean, rekapitulierte Kiedis im Interview den Wake-up-Call nach Slovaks Heroin-Überdosis, und wie man sich entschied weiterzumachen. Voll der Profi, Text wie auf Autopilot, dazu Augenkontakt. Wir saßen im Innenhof eines Kölner Hotels, bald würde die Berliner Mauer fallen und nichts mehr würde so sein wie vorher. Aber Chad Smith hatte einen Brummschädel, den er nur mit auf den Tisch gestützten Ellbogen mühselig hochhalten konnte. Zu Kiedis’ einleitender Antwort murmelte er: „Mysterien-auf-der-Odyssee-die-einen-durch-das-Leben ...“
Mit „Schwachkopf!“ erwiderte oder erläuterte dies der Sänger. Drogen, so viel war geklärt, waren nicht mehr nötig, um ein echter Pepper zu werden. Was dann? Ist es eine Frage der Persönlichkeit? „Auf jeden Fall“, nickte Kiedis. Und Chad Smith, immer noch etwas müde: „Man muss verrückt sein, zerdreht, völlig von Sinnen. Bis ich in die Band kam, war ich irgendwie hirntot. Dann pumpten sie dermaßen Energie in mich ... Ich war sozusagen tot, und jetzt bin ich wieder auferstanden, wie neugeboren.“
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