Interview Anika Nilles: Anika, die Erste
Zehn Uhr morgens: Anika Nilles ist wach und bereit für das Interview per Videotelefonat. Bei einer virtuellen Tasse Kaffee erzählt die Überfliegerin der Drummerszene von ihrem ersten Longplay-Album „Pikalar", derben Monster-Hi-Hats und ihrem brandneuen Schlagzeug.

DH!!: Dein neues und erstes Soloalbum trägt den klangvollen Namen „Pikalar“. Leider gibt kein
Wörterbuch Auskunft über die Bedeutung dieses Wortes …
Anika Nilles: Zu Pikalar findet sich nichts im Wörterbuch. Es ist für mich ein Ausdruck für Dinge, die im Leben passieren und ineinander greifen, die man aber nicht in Worte fassen kann. Im positiven oder negativen Sinne. Vieles, was in den letzten zwei Jahren bei mir stattgefunden hat, lässt sich nicht in Worte fassen. Deshalb bekam Pikalar diese Bedeutung für mich.
Wie beschreibst du das Album einer Person, die dich und deine Musik nicht kennt?
Stilistisch ist es auf jeden Fall instrumentaler, progressiver Pop. Es hat vielleicht ein noch größeres Spektrum als meine Songs, die man bereits von Youtube kennt. Einige Songs sind auch eher ein bisschen ruhiger mit dem Fokus auf Nuancen. Das Album ist gezeichnet von wechselhaften Passagen, mal energetisch, mal gefühlvoll, mal bediene ich straighte, klare Grooves, bei anderen Songs wird es wieder rhythmisch vertrackter. Mit dem Album will ich nicht mehr rein die Drummerszene ansprechen, sondern auch andere Musiker oder Musikliebhaber, die vielleicht selbst gar keine Musiker sind, erreichen. Es ist durchaus ein Solo-Album, das ich mit Band auch live spielen werde.

Heißt das, dass eine Tour zum Album angedacht ist?
Genau, das geht gerade los. Die ersten vier Warmup-Shows sind schon geplant, um zu sehen, wie das alles auf der Bühne funktioniert. Ich arbeite aber schon mit einer Agentur zusammen, die gerade herausfindet, welche Städte für Gigs interessant sind. Ich will meinen Fokus in der zweiten Hälfte dieses Jahres und nächstes Jahr verstärkt auf die Band legen.
Wie du bereits gesagt hast, sind einige Songs bereits seit Jahren auf Youtube zu hören. Hattest du von vornherein den Plan, ein Album aufzunehmen?
Wenn man sich das auf Youtube mal chronologisch anschaut, kamen nacheinander die drei Single-Auskopplungen „Synergy“, „Mallay“ und „Orange Leaves“. Als Bonustrack und Dankeschön haben wir auch „Alter Ego“ noch einmal neu produziert. Die Idee für ein Album hatte ich schon ab „Synergy“. Es war allerdings auch schnell klar, dass wir es nicht in drei Monaten produzieren und auf den Markt bringen können, das war zeitlich gar nicht drin. Deshalb haben wir immer wieder Singles ausgekoppelt, aber nur noch die Playalong- und nicht die Vollversionen angeboten. Nach einer EP und einigen Singles war auch klar, dass nun ein Album folgen muss.
Wie verliefen die Aufnahmen im Vergleich zu den Produktionen der ersten Singles?
Bei den allerersten Songs habe ich sehr viel selbst programmiert. Das ist jetzt drei Jahre her. Mit der Zeit entwickelt man sich als Künstler auch weiter. Mittlerweile ist alles mehr oder weniger echt eingespielt. Ich liefere mit MIDI-Spuren nur eine Vorlage, damit die Musiker wissen, wo es hingehen soll. Ich kann das einfach besser kommunizieren, wenn ich ihnen etwas vorlege. Ich habe bei vielen Liedern einen Teil der Keyboards selbst übernommen. Jeder hat dennoch seinen Freiraum, wenn es zum Einspielen kommt.
Wie genau schreibst du deinen Musikern vor, was sie zu spielen haben? Gerade bei Songs, die schon bekannt sind?
Ich komme immer mit einer bestimmten Vorstellung an, wie zum Beispiel bestimmte rhythmische Muster, Läufe oder Tonabfolgen. Das Grundgerüst möchte ich so umgesetzt haben, wie ich es arrangiert habe. Allerdings hat jeder Musiker seine Freiheiten und sollte auf jeden Fall sein eigenes Feeling einbringen. Davon kann ein Song häufig profitieren, emotionaler werden und berühren. Das funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn jeder einen gewissen Freiraum bekommt. Wichtig dabei ist, dass man im Voraus die passenden Musiker auswählt.
Anika Nilles – Alter Ego

Wie gehst du persönlich das Thema Songwriting an?
In den letzten Jahren habe ich verschiedene Sachen ausprobiert, teilweise vom Keyboard aus geschrieben. Mittlerweile funktioniert es am besten, wenn ich kreative Ideen vom Schlagzeug aus entwickle. Dabei habe ich oft eine Melodie im Kopf und versuche sie rhythmisch herunterzubrechen. Das führt aber oft zu einer ganz neuen Idee. Auch wenn ein Song schon geschrieben ist, kann er sich noch mal krass entwickeln. Letztendlich ist es wie in einer Band, bei der sich ein Song während der Probe immer weiter entwickelt, indem man ihn immer wieder spielt und Parts ändert oder weiter voranbringt.
Anika Nilles' Equipment

Trommeln | Tama Starclassic Bubinga 20 x 18“ Bassdrum 10 x 7“, 12 x 8“ Racktoms 16 x 14“ Floortom 14 x 6“ Starphonic Aluminium Snare 14 x 8“ S.L.P. Big Black Steel Snare |
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Becken | 14“ Jazz Hats 22“ Extra Dry Medium Ride 22“ Dual Crash Ride 16“ Trash Crash 18“ Dual Crash 18“ Vintage Trash Crash 18“ Extra Dry Thin Crash 20“ Extra Dry Thin Crash 10“ Extra Dry Splash 12“ Traditional Splash 14“ Generation X Filter China 18“ Classics Custom Trash China |
Felle |
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Hardware | Tama Roadpro Iron Cobra Lever Glide Hi-Hat-Stand Iron Cobra 900 Power Glide Pedal |
Drumsticks |
Vic Firth Ralf Gustke Signature-Modell |
Mikrofone |
Beyerdynamic TG d71c und TG v70d |
Hast du dich für das Album von einem speziellen Künstler inspirieren lassen?Ich habe mir dafür die alten Michael-Jackson-Alben durchgehört. Alles, was auf „Bad“, „Thriller“ und „Off the Wall“ zu finden ist, hat mich stark beeinflusst. Ich stehe auf diese alten Sounds und die Art, wie die Songs grooven. Auch wenn meine Songs anders klingen, gibt es hin und wieder Elemente, die in diese Richtung gehen. Michael Jackson beeinflusst mich schon recht lange.
Du bist nach über sieben Jahren als Mapex-Endorserin zu Tama gewechselt. Wie kam es zu dieser Änderung?
Das war von meiner Seite keine Entscheidung, die vor drei Wochen gefällt wurde. Ich hatte diese Überlegung schon seit bestimmt einem Jahr. Ich habe viel mit meinem Set, verschiedenen Sounds und Fellen herumexperimentiert. Ich habe bestimmte Vorstellungen von meinem Sound und konnte die mit meinem Schlagzeug nicht mehr erreichen. Bei meinen Clinics habe ich …
Den vollständigen und viele weitere spannende Artikel findet ihr in der DrumHeads!!-Ausgabe 3/17.
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