Masterpiece: Living Colour "Time's Up"
Diesmal reisen wir zurück ins Jahr 1990, um die packendsten Grooves von Will Calhoun auf Living Colours legendärem Masterpiece „Time’s Up” Revue passieren zu lassen.

Bereits mit ihrer Debütscheibe „Vivid“ im Jahr 1988 hatte die Crossover-Combo Living Colour riesige Erfolge in Kanada und den USA feiern können. Am 20. August 1990 erschien mit „Time’s Up“ der zweite Streich der New Yorker. Die Band verband ähnlich wie beim Vorgänger zahlreiche unterschiedliche Stilistiken wie Funk, Jazz, Fusion, Metal und HipHop. Eine extravagante Mischung mit einem unverkennbar eigenen Stil und Sound.
Die Songs auf dem rund 57 Minuten langen Longplayer gehören zu den einflussreichsten Aufnahmen des Crossover und bescherten der Band die längst überfällige und verdiente internationale Aufmerksamkeit.

Spätere erfolgreiche Crossover-Acts wie etwa Rage Against the Maschine beriefen sich häufig auf Living Colour als eine der wegweisenden Bands des Genres.
Living Colour: zeitlose Drum-Sounds
Die Drums des überragenden Will Cahoun klingen offen, perkussiv, unverfälscht – und vollkommen zeitlos, da die Band und deren Produzent scheinbar bewusst die Augen und Ohren vor Mainstream-Klangtrends ihrer Ära verschlossen haben. So zum Beispiel übermäßig „fett“ klingende Snaredrums oder Toms, ebensowenig werden Gates, großen Hallsimulationen oder extrem hoch gestimmte Snares eingesetzt.
Will Calhoun präsentiert eine Vielzahl fantastischer Grooves und Fills. Hierzu gehören zum Beispiel das treibende Intro des Titelsongs „Time’s Up“ (Beispiel 1), der angeshuffelte Rockgroove in „Love Rears its Ugly Head” (Beispiel 2), der synkopische Rockgroove in „Elvis Is Dead” (Beispiel 3) oder der pumpende „Four on the floor”-Beat auf „Information Overload” (Beispiel 4). Die Leser des Magazins „Modern Drummer“ honorierten Will Calhouns tolle Vorstellung, indem er unter anderem zum „Best Progressive Drummer 1991” gewählt wurde.
Der Erfolg des Albums beruhte aber nicht nur auf dem hohen technischen Niveau und der musikalischen Performance der Band.

Bei aller Verspieltheit der einzelnen Bandmitglieder ist das Masterpiece „Time's Up” gespickt mit eingängigen Songs. Dass ausgerechnet Drummer Will Calhoun für einen Großteil des Songwritings verantwortlich war, unterstreicht sein musikalisches Ausnahmetalent und das Potential der gesamten Band.
Die Vielzahl musikalischer Einflüsse – jazzige Elemente treffen auf Blues, Funk, Hardcore und Metal – waren die Grundlage für ihren Stil. Für Abwechslung sorgte außerdem eine lange Liste prominenter Gastmusiker, darunter :
- Rock’n'Roll-Ikone Little Richard
- Funk-Legende Maceo Parker
- Mick Jagger von den Rolling Stones
- RnB-Star Queen Latifah
Living Colour: Crossover mit politischer Botschaft
Eine weitere wichtige Komponente in der Musik von Living Colour ist die Bereitschaft zu politischem Engagement und der Aufruf gegen jede Form der Diskriminierung.
In den Credits des Album-Covers finden sich Zitate wie „Living Colour celebrates the release of Nelson Mandela.” Der Song „Fight the Fight“ handelt davon, den Kampf für die Gleichheit aller Menschen trotz positiver Fortschritte aufrechtzuhalten.
Das Statement „Fight all forms of censorship“ findet sich thematisch im Song „Freedom of Expression“, in dem es um das Recht auf Meinungsfreiheit geht. Living Colours politisches Engagement zeigt sich außerdem in der Gründung der „Black Rock Coalition“ durch Gitarrist Vernon Reid. Die BRC ist ein Zusammenschluss schwarzer Rockmusiker mit der Absicht, von Stereotypen geprägte Verkaufsstrategien und die damit verbundene Rassendiskriminierung in der Musikindustrie zu durchbrechen.

1993 konnten Living Colour mit dem Neuzugang von Bassist Doug Wimbish (Seal, Madonna, Joe Satriani) und der Veröffentlichung der LP „Stain“ noch einmal an ihre Erfolge anknüpfen, bevor sich die Band im Jahr 1995 auflöste. Das bedeutete aber keinesfalls, dass die Einzelmusiker untätig wurden.
Diverse Soloalben und Tourneen folgten, bevor die Band im Jahr 2000 wieder live zu hören war. Ihre Reunion machte sie mit der Veröffentlichung des Albums „Callideoscope“ im Jahr 2003 perfekt. Auf ihrem aktuellen Album „Shade“, erschienen im September 2017, sind Living Colour wieder mit ihrem unverkennbaren Stil in Bestform zu hören.
Wer das unverwechselbare Spiel von Will Calhoun kennenlernen möchte, seien insbesondere die ersten drei Alben von Living Colour sowie die neueste Veröffentlichung wärmstens ans Herz gelegt. Checkt auch mal Wills Jazz-Soloalben und seine Performance beim Modern Drummer Festival 2008. Hier unterstreicht er nochmals seine Vielseitigkeit. Ganz großes Kino!
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